© Stadtarchiv Celle

Die Siedlung Blumläger Feld

Dieses Wohnprojekt haeslers war das dritte und letzte für Celle aus den Jahren 1930 bis 1931. Das Ziel der Siedlung Blumläger Feld war es, günstige Kleinwohnungen für die arme Bevölkerung zu schaffen – in der rationalen Bauhaus-Bauweise. Dies war gelungen.

Neues Bauen gegen zu hohe Mieten

Vom Stall in eine richtige Wohnung

In Celle gab es schon seit 1927 Planungen für eine Kleinstwohnungssiedlung mit 158 Wohnungen auf einem Areal der Stadt Celle nahe dem Stadtteil Blumlage. Damit wollte man der akuten Wohnungsnot der einfachen Leute entgegenwirken. Viele Menschen konnten sich damals die üblichen Mieten nicht leisten. Im Frühjahr des Jahres 1930 gab es in Celle 1.200 wohnungssuchende Familien. Viele von ihnen hausten in Ställen, Gartenhütten oder leer stehenden Kasernen.

Aufbau der Siedlung Blumläger Feld in Celle
© Stadtarchiv Celle
Die Lösung, die haesler sucht, ist so verblüffend einfach, dass man sich vergeblich fragt, warum man nicht selber auf diesen Gedanken gekommen ist.
Celles Oberbürgermeister Meyer in einem Schreiben vom 14.06.1928

Kleinstwohnungen gegen Wohnungsnot

Natürlich wusste haesler, dass er mit der "Kleinst"-Wohnungssiedlung in die Grenzregionen der Zumutbarkeit vorstieß. Man muss aber wissen, dass in den 20er Jahren ein eigenes Bett für jedes Familienmitglied keineswegs selbstverständlich war. Im Reichsgebiet waren 1927 über eine Million Haushalte ohne eigene Wohnung, d.h. ein eigenes Bett war in den ärmeren Schichten keineswegs die Regel.

Die Kleinstwohnungsprogramme waren die Antwort auf eine heute kaum vorstellbare Wohnungsnot. Die Wohnflächen- und damit korrespondierend die Mietpreisentwicklung in den drei Celler Siedlungen machen deutlich, mit welcher Konsequenz haesler sein Ziel verfolgte, für die wirtschaftlich schwächsten Schichten Wohnungen mit tragbaren Mieten zu bauen.

Von 84 m² (80 RM) im Italienischen Garten, über 57 m² (40 RM) im Georgsgarten auf 43 m² (26 RM) im Blumläger Feld sank die Wohnfläche und der Mietpreis für einen 4-Personenhaushalt, aber zugleich stiegen auch die Chancen für die ärmeren Kreise auf eine eigene Wohnung.

Die Siedlung Blumläger Feld in Celle von oben, Aufnahme aus dem Stadtarchiv
© Stadtarchiv Celle
Panorama der Siedlung Blumläger Feld in Celle
© Marcus Jacobs
Siedlung Blumläger Feld in Celle, Aufnahme aus dem Stadtarchiv
© Stadtarchiv Celle

Drohnenflug über die Siedlung "Blumläger Feld"

Die Fassade der Siedlung Blumläger Feld in Celle
© Marcus Jacobs
Siedlung Blumläger Feld in Celle, Aufnahme aus dem Stadtarchiv
© Stadtarchiv Celle

Sonne, wenn man zu Hause war

Im August 1930 war endlich Baubeginn im Blumläger Feld. Zwei jeweils 222 Meter lange Gebäudezeilen in Nord-Süd-Ausrichtung bildeten den Kern der Siedlung, so dass alle Wohnungen Ost- und Westfenster erhielten. Die Küche und die Schlafräume lagen auf der Ostseite. Der zentrale Wohnraum mit seinen Westfenstern wurde bis in die Abendstunden von der Sonne erhellt, wenn die ganze Familie Zuhause war.

Die Wohnungsgrößen für den Zwei-, Vier- und Sechs-Betten-typ betrugen 34, 43 und 51 Quadratmeter. Es gab bis auf den winzigen Eingangsbereich keine Flure. Von der Küche kam man ins Wohnzimmer, von dem die Schlafräume abgingen. Zu jeder Wohnung gehörte ein ca.140 m² großer Mietergarten. So konnten die Familien ihre Ernährung durch vitaminreiches Obst und Gemüse bereichern.

Revolution bei der Hygiene

Waschraum im Museum Siedlung Blumläger Feld in Celle
© Marcus Jacobs

In Verlängerung von Zeile I lag das Zentralgebäude, in dem sich das Wasch- und Badehaus sowie das Heizhaus befanden. Aus Kostengründen gab es keine Bäder in den Wohnungen, wohl aber eine Toilette. Das war sehr fortschrittlich, denn in den 30er Jahren waren noch Toiletten auf halber Treppe oder draußen üblich.

Badeschild in der Siedlung Blumläger Feld Celle
© Marcus Jacobs

Duschen im 20 Minuten-Takt

Im Waschhaus gab es eine Reihe von Waschzubern aber auch hochmoderne Miele-Waschmaschinen und sogar eine Trocknungsvorrichtung mit Warmluft, falls die Witterung keine Trocknung im Freien ermöglichte. Die Familien wuschen alle 6 bis 8 Wochen. Am Samstag konnte nicht gewaschen werden, da das warme Wasser für den Badetag genutzt wurde.

Für ein Wannenbad hatte eine Familie 30 Minuten Zeit, und zum Duschen 20 Minuten. Wenn die schrille Glocke läutete, musste das Wannenbad bzw. die Dusche in einwandfreiem Zustand an die nächste Familie übergeben werden.    

Die günstigsten Wohnungen im Reich

Sehr modern war auch die zentrale Heizungsversorgung. Der Schornstein des zentralen Heizhauses sowie die mächtigen Fernwärmeleitungen, die auf Rohrstützen vom Heizhaus zu den einzelnen Wohnzeilen führten, prägten den optischen Eindruck der Siedlung.

Von Anfang an waren die Kleinstwohnungen sehr beliebt, da die angekündigten Mietpreise von 21, 26 und 30 Reichsmark tatsächlich eingehalten werden konnten. Sie galten als die günstigsten Wohnungsmieten im ganzen Reich.

Siedlung Blumläger Feld in Celle, Aufnahme aus dem Stadtarchiv
© Stadtarchiv Celle
Siedlung Blumläger Feld in Celle mit Heizrohr
© Marcus Jacobs
Siedlung Blumläger Feld in Celle
© Marcus Jacobs

Die Siedlung heute

Im Jahr 1931 sind im Rahmen des zweiten Bauabschnitts die Häuserzeilen auf der gegenüberliegenden Seite der Straße „Am Galgenberg“ entstanden. 2018 wurden hier grundlegende Schäden am Stahlskelett festgestellt. Die Weichen für eine denkmalgerechte Grundsanierung sind inzwischen gestellt.

Anfang des 21.Jahrhunderts wurde die Kernsiedlung im Blumläger Feld saniert. Die Gebäudezeilen wurden verbreitert und um ein Geschoss aufgestockt und den heutigen Anforderungen entsprechend isoliert sowie die Haustechnik und die sanitären Anlagen komplett erneuert. In Absprache mit der Denkmalpflege hat die architektonische Sprache haeslers weiterhin Bestand. Der erste Eingang am Rauterbergweg ist in seiner äußeren Form erhalten geblieben. Hier hat die otto haesler Stiftung zwei Museumswohnungen eingerichtet.

haeslers Erbe

Siedlung Blumläger Feld in Celle
© Stadtarchiv Celle

Die starke Minimierung der Wohnraumfläche und die enorme Kosteneinsparung riefen Kritik hervor, die Grundrisse gelten als der radikalste Entwurf haeslers. Trotz aller Kritik war diese Siedlung eine wichtige Antwort auf die Wohnungsnot jener Zeit. Die Siedlung steht unter Denkmalschutz und beinhaltet auch das otto haesler Museum.

Informationen zum Gebäude

Wo befindet sich das Blumläger Feld

Die Siedlung "Blumläger Feld" erstreckt sich über mehrere Straßen in Celle: Rauterbergweg, Hugoweg, Galgenbergweg, Rosenhagen und Vogelsang
 

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Können Gebäude von innen besichtigt werden

Die Gebäude der Siedlung "Blumläger Feld" können ausschließlich von außen betrachtet werden.

Hinweis zum zweiten Bauabschnitt von 1930/31: dieser ist bis heute erhalten, muss jedoch aufwändig instandgesetzt werden.
Grund dafür sind Korrosionsschäden an der Stahlskelettkonstruktion, mit der haesler als einer der Ersten experimentiert hatte.
Im Sommer 2018 mussten daher alle Bewohner die Häuser verlassen.

Wir empfehlen den Besuch der Siedlung im Rahmen einer Führung.

Wie kann eine Bauhaus-Führung gebucht werden

Stellen Sie Ihre Anfrage beim:
Gästeführungsdienst, Stadt Celle
Markt 14 - 16
29221 Celle
Tel.: +49 5141 124141
fuehrungen@celle.de

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Auch interessant: Flyer "otto haesler Touren"

Alle Infos zu den Touren und vielfältigen Möglichkeiten, das Neue Bauen in Celle zu erleben, bietet der Infoflyer „otto haesler Touren“, den Sie hier in deutscheroder englischer Ausgabe herunterladen können.